Natürlich kann und wird dieser Vergleich
dreier unterschiedlichster Ferngläser (und Techniken) mit einer
Bildstabilisierung nicht objektiv und hochwissenschaftlich sein, vielmehr
werden die von mir persönlich "gefühlten" Unterschiede und Eindrücke
geschildert.
Ganz zufällig hatte ich die Gelegenheit,
die oben gezeigten Ferngläser mit Bildstabilisierung zu erwerben, um im Rahmen
(m)einer
VHS-Veranstaltungen wieder neue "Kundschaft" anziehen zu können, man muss
die Leute ja irgendwie "locken".
Nun wurden alle drei Ferngläser
kurzer Hand im Garten getestet. Die hier gezeigten Perspektiven habe ich mit
einem SIGMA APO-TELE 170-500 und meiner alten Canon 300D nachgebildet, also
handelt es sich um eine rein subjektive Darstellung meiner Empfindung!
Jeder andere Benutzer kann und wird die Leistungsfähigkeit anders
beurteilen...
Ich spreche bewusst nur die mir
wichtigsten Daten hierzu an!
Bereits das Gewicht der Gläser zeigt, womit
zu rechnen war. Das Peleng 1240GS ist das schwerste Glas im Feld mit ca.
2000 g, gefolgt von dem Zeiss mit etwas mehr als 1600 g, Canon hat hier ein
Leichtgewicht mit 640 g konstruiert. Man sollte hier auch die verbaute
Technik im Auge behalten, Zeiss hat die größte Öffnung und die
interessanteste Stabilisierung an Bord. Das Peleng kommt wohl aus dem
Agenten bzw. Militärsektor und muss entsprechend "robust" gebaut sein. Canon
hat hier ein prima Reiseglas entwickelt, passt in fast jede Tasche, zur Not
hängt man sich den mitgelieferten Brustbeutel einfach um, man wird nicht erwürgt.
Schaut
man sich die "Transportbox" vom Peleng 1240GS an, wird einem schon schlecht.
Zeiss legt wie gewohnt noch Einen drauf und liefert gleich einen Koffer mit,
die Aufschrift Zeiss sagt dem Ganoven im Urlaub gleich, das hier richtig was
zu holen ist! Peleng und Zeiss sind somit reine Status-Symbol-Gläser, eine
echte Anwendung gibt es nur auf Raumstationen, Zeiss auf der ISS und zuvor
Peleng auf der Mir (kein Witz!).
Als Testobjekt nutze ich immer gerne das
Schild einer OOWV-Wasserleitung in etwa 200 m Entfernung:
Mir war es zu aufwendig, hier die
passenden Perspektiven und Bildfelder auszurechnen und auch 1:1 im Bild
darzustellen. Daher griff ich einfach zu meinem nicht so tollen 170-500
SIGMA-APO Tele und der alten Canon 300D, machte ein paar Schnappschüsse, um
meinen Eindruck zu untermauern, durch die echten Ferngläser zu knipsen ist
ja ohne Weiteres nicht machbar.
Das Zeissglas war ja schon länger in
meinem Besitz und gefühlt schon ein tolles Glas, wenn auch mit
Einschränkungen (Beobachtungen jenseits von 45° Neigung nur unstabilisiert
möglich, hohes Gewicht). Wie leserlich das anvisierte Schild mit dem Zeiss
(für meine Augen) zu sehen war, soll dieses Bild verdeutlichen:
Das Zeiss ist nicht in der Lage, stärkere
Wellenamplituden abzufangen. Die durch Händezittern üblichen feinen
Amplituden werden sehr gut eliminiert. Auf Grund der hohen
Vergrößerungsleistung ist die mittlere bis große Schrift lesbar, die kleine
Schrift nur in Auszügen, die Telefon-Nummer ist nicht mehr lesbar. Man
wundert sich trotzdem, wie gut die Ingenieure von Zeiss gearbeitet haben,
das Glas macht einen absolut hochwertigen Eindruck.
Hier mal eine Darstellung mit dem Canon 10
x 30 IS, bei nur der halben Vergrößerungsleistung ist die gleiche Lesbarkeit
festzustellen, natürlich ist das Bildfeld nicht proportional, sondern zeigt
die von mir subjektiv gefühlte Schärfeleistung:
Zwischen dem Canon und dem Zeiss gibt es
meiner Meinung nach kaum einen Unterschied, was die Schärfeleistung angeht,
obwohl das Zeiss doppelt so "nah" am Objekt war! Da der Test tagsüber
erfolgte, ist die bessere Lichtstärke der Zeiss-Optik natürlich nicht
umfänglich mit eingeflossen. Ein merkliches Motorengeräusch war beim
batteriebetriebenen Canon nicht zu hören, nur ein leichtes Summen, was
vernachlässigt werden kann. Das Glas liegt kinderleicht in der Hand und ist
ebenfalls gut verarbeitet, lediglich der Fokusknopf kann nur von oben
"bedient" werden, die Stabi-Taste ist, wie beim Zeiss, optimal angeordnet.
Die Kunst ist es, die erforderlichen 2x AA-Mignonzellen richtig herum in das
Batteriefach zu legen, die Polaritätsbeschriftung ist eher mangelhaft und
kaum zu erkennen, das Fach könnte auch etwas präziser mit dem Gehäuse
abschließen. Es ist sinnvoll, den Fokus bei gedrückter Stabi-Taste
einzustellen, da sich sonst Unschärfen ergeben können, der Fokus zwischen
gedrückter und nicht gedrückter Taste ist teilweise unterschiedlich, hat
aber letztlich keinen störenden Einfluss, man beobachtet schließlich mit
gedrückter Taste und richtig fokussiert...
Ja, was war nun mit dem Peleng 1240GS?
Peleng hatte ich noch nie gehört, keine Ahnung, was da auf mich zukommen
sollte! Das Glas machte einen klobigen und billigen Eindruck, sah irgendwie
nach einem Laser-Geschwindigkeitsmesser der Polizeibehörde aus, nur fehlte
das Stativ? Ich
hatte ja schon Einiges aus Russland in der Hand, aber so ein Teil noch
nicht. Die mitgelieferten Kabel waren wohl noch im letzten Weltkrieg
produziert und einfach auf neueres Gerät "umgerüstet" worden, man schaut auf
billigstes Bakelit und oxidierte Messingkontakte, klobige Steckverbinder aus
dem kalten Krieg, eben für einen atomaren Angriff geeignet, ohne jegliche
komplizierte Elektronik, nur ein Kippschalter verriet, das es etwas zum
Einschalten gab.
Allein das Batteriefach, bestehend aus
einer Aufnahme für 6 x AA Mignonzellen mit insgesamt 9 V, nur der
Batteriekasten wog schon fast so viel wie das ganze Canon 10x30IS!
Ein Kollege hatte mich schon gewarnt, das
Ding wäre etwas Besonderes! Das Stichwort lautet hier wohl
Gyro-Kreisel-Stabilisierung. Während Zeiss u. a. auf kardanische Aufhängung setzt
und Canon mit Piezo-Effekt und Flüssigkeiten arbeitet, greift Russland zu einer
völlig anderen Technik. Aber auf die Technik wollte ich hier nicht eingehen,
sondern endlich mal den mysteriösen Kippschalter umlegen!
Zunächst schienen sich im Inneren Teile
bewegen zu wollen, kamen aber nicht richtig in die Gänge, irgendwo gab es
noch Probleme!
Ich überprüfte zunächst die eingelegten
Batterien und siehe da, es lagen zwei Batterien falsch herum im
Batteriefach, die russischen Techniker hatten die Massefeder der AA-Zellen
an einer Stelle auf die Plus-Seite gelegt und die Beschriftung war auch
nicht einfach zu erkennen, da hilft nur messen und ausprobieren! Also erst
einmal alle Batterien ausgetauscht und die 9 V nachgemessen, nun war Alles
in Ordnung!
Gut, das während des "Kalten Krieges"
nicht der "Ernstfall" eintrat, sonst wäre die Entscheidungsschlacht wohl an
der mangelhaften Stromversorgung entschieden worden...
Also wieder ins Freie und den Kippschalter
umgelegt, sofort war ein turbinenartiges Geräusch zu vernehmen, als ob eine
kleine russische MIG im Inneren ihre Triebwerke hochfährt, eine kleine rote
Leuchtdiode zeigte an, dass man auf dem richtigen Weg war, übrigens der
einzig verbaute Halbleiter in dem Gerät! Somit auch EMP-Fest...
Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde dann
die Höchstdrehzahl erreicht, laut meinem Kollegen um die 30 000 Umdrehungen.
Die "russische Mig" war nun startklar für einen Angriff auf ihr Ziel,
heute sollte es nur das OOWV-Schild in meiner Siedlung sein. Einer
der Schalthebel war wohl für den Augenabstand zuständig:
Der andere "Schalthebel" blieb nun als
Stabi-Taste übrig:
Also das Ziel anvisiert und so ruhig wie
möglich gehalten, was aber bei einem Gewicht von 2 Kilogramm(!) nicht so
leicht war. Kaum hatte ich die Taste gedrückt, lief es mir eiskalt den
Rücken herunter, denn mein Ziel wurde regelrecht eingefroren, als ob man das
Fernglas auf eine Betonmauer legte und weiterhin hindurch beobachtete, jetzt
war nicht nur das Glas aus dem "Kalten Krieg", sondern mein Rücken war auch
eiskalt! Der Hersteller schrieb irgendwo, das ein Druck auf diese Stabitaste ca.
70% Stativwirkung hätte, so war es auch, um es mal vorsichtig
auszudrücken, eigentlich waren es gefühlte 100%. Vergleicht man nun die Stabilitätsleistung eines 6.500 EUR
teuren Zeiss 20 x 60 S und einem Canon 10 x 30 IS der aktuellen Generation
mit diesem 1240GS, so hat man das Gefühl, die Geräte von Zeiss und Canon müssten
zwecks Garantiereparatur zurück zum Hersteller. Der Unterschied war
mindestens so groß wie zwischen einer alten Mustang P-51 und dem ersten
einsatzfähigen Düsenjagdbomber ME-262...
Hier mal in etwa die Schärfe von dem
Gerät, natürlich nur symbolisch als Vergleich:
Aber es gibt auch eine Reihe von
Nachteilen:
Der Geräuschpegel ist aufdringlich und für
die Nachbarschaft nervig, zumindest während der Nachtruhe. Nicht
umsonst wirbt Peleng im Prospekt mit einer Beobachtungssituation aus einem
fliegenden Hubschrauber heraus, da mag der Lärm des Glases im Flugbetrieb
untergehen! Als Pirschglas im Wald völlig unbrauchbar. Astronomische
Beobachtungen nach 22 Uhr im Wohngebiet lösen wohl eine Beschwerde der
Nachbarn aus, also ein reines "Winterglas" sozusagen...
Auch das Gewicht geht sehr schnell in die
Arme, es gibt keinen Stativanschluss. Man muss sich wohl nach einer echten
Betonmauer umschauen, sonst bricht der Beobachter zusammen, während das Glas
in der Wiese versinkend immer noch stabilisiert! Die Batterien mal schnell
wechseln kann man auch vergessen, zu viel gefummel. Es sind zwar Kabel
dabei, allerdings muss ich diese erst einmal im Labor messen und anpassen,
ggf. werden die Einweg-Batterien noch durch Akkus ersetzt, dann gibt es
keinen Batteriewechsel mehr! Das Nachfolgemodell besitzt mittlerweile 7 x AA
NiMH-Akkus mit umgebauter Ladebuchse, welche es bei meinem auch schon gibt:
Das 1240GS verfügt über eine
Einzelfokussierung, welche viel zu leichtgängig ist, wahrscheinlich fehlt
bei meinem Modell nur geeignetes Fett? Der Augenabstand lässt sich nur bis
etwa 70 mm einstellen, also für mich grenzwertig. Die mitgelieferten
Objektivdeckel bestehen aus schwarz eloxiertem Aluminium mit Feingewinde und
ganz schmaler Rändelung, man muss das Gewinde genau treffen und beim
Abschrauben schraubt man die Objektivhalterung gleich mit ab, das geht auch
besser!
Was auch nerven kann ist der sehr lange
Nachlauf der Kreiselmechanik, der Auslauffaktor beträgt Faktor 10x länger
als beim Hochfahren.
Bemerkungen:
Das Glas wurde ausschließlich für die
Stabilisierung gebaut, welche wirklich perfekt funktioniert und keine
Wünsche offen lässt, liegt Lichtjahre vor Zeiss und Canon, aber um welchen
Preis? Deswegen bekommt der Gadget-Faktor auf jeden Fall die höchste Note!
Fazit:
Ob es für so manche Gläser überhaupt ein
Einsatzgebiet gibt? Hier mal meine Bewertung von -- bis +++++
(Natürlich kann nicht jeder Leser mit
meinen Kriterien etwas anfangen, aber es ist ja auch meine persönliche
Bewertung!) |